Aberglaube und Brauch aus den Kreisen Bütow und Lauenburg von A. Archut
Erstveröffentlichung in: Blätter für Pommersche Volkskunde, III. Jg. 1894/95 S.66-67
I. Krankheiten
(W. bedeutet Wusseken im Kreise Bütow, F. ist Königl. Freist im Kreise Lauenburg)
- Wird jemand krank, so darf er unter keiner
Bedingung im Bette umgelegt werden, weil das seinen Tod herbeiführen würde,
sondern er muß trotz aller Schmutzerei im Bette liegen bleiben, bis er wieder
gesund ist. Bei den Kassuben.
- Hat man sich die Hände
beim Waschen oder anderswie naß gemacht, so soll man sie ja nicht an einer
Schürze abtrocknen, sonst platzt die Haut. W.
- Wenn jemand Warzen hat, so kann er sie dadurch
vertreiben, daß er sie mit einer schwarzen Schnecke bestreicht und dabei die
Worte spricht: Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen. F.
- Am besten vergehen die Warzen, wenn man sie von
einem „Frattebieter“ kreuzweise durchbeißen läßt. W.
- Will man die Warzen durch
Ausgraben vertreiben, dann hüte man sich, daß das aus der Wunde fließende Blut
auf gesunde Stellen des Körpers kommt; es entstehen da sonst neue Warzen. W.
- Die Warzen entfernt man
auch, indem man in einen Zwirnsfaden so viele Knoten schlingt, als man Warzen
hat, und denselben dann unter einer Schwelle vergräbt. Wenn der Faden verfault
ist, sind die Warzen ebenfalls fort. Belgard.
- Man binde über der Warze
drei Knoten in den Faden, puste darauf dreimal abwärts über die Warze, spucke
dann dreimal aus und trage den Faden ohne sich umzusehen an einen feuchten Ort.
So wie der Faden dort verfault, verschwinden die Warzen. Am besten macht man
dies bei abnehmendem Monde. W.
- Man bestreiche die Warzen
mit einem von einem geschlachteten Schwein abgeschnittenen Zitzen und vergrabe
diesen. Das hilft auch. Belgard.
- Wer uppe Stieg sch.tt,
kriegt he Garschtkorn uppem Og‘. W.
- Plagt dich ein Gerstkorn
am Auge, so laß jemand dreimal zu dir sagen: Du hest he Garschtkorn, und
antworte eben so oft darauf: Dat sch.tt di wat. Dann wirst du das Übel los. W.
- Ein Gerstkorn verliert
sich auch, wenn man es mit einem wirklichen Gerstkorn dreimal bestreicht oder
bedrückt und letzteres dann in einen fremden Brunnen wirft. In den nächsten
acht Tagen wenigstens darf man aber nicht wieder zu dem Brunnen gehen. F.
- Wenn man sich in
Froschlaich wäscht, bekommt man keine Sommersprossen. W.
- Den ersten Zahn, den du
dir als Kind hast ziehen lassen, verbrenne zu Asche und iß diese auf, so
bekommst du zeitlebens keine Zahnschmerzen. F.
- Denselben Erfolg hat man, wenn man den ersten
ausgezogenen Zahn über den Ofen wirft. W.
- Die Zähne werden gut
stark, wenn man das von Mäusen angefressene Brot verzehrt. Nach anderen ist
dies auch ein sicheres Mittel gegen Zahnweh. F.
- Wer Zahnschmerzen hat,
suche einen Baum auf, in den der Blitz eingeschlagen hat, nehme einen Splitter
davon und stochere damit so lange in dem kranken Zahn, bis er blutet; dann
stecke er den Splitter wieder an seine Stelle und gehe schweigend zurück, wie
er gekommen, und die Zahnschmerzen werden vergehen. Auch soll es schon helfen,
wenn man in den Baum hineinbeißt. W.
- Hat man Zahnweh, so
nehme man ein Stück Botkrume, kaue es mit den kranken Zähnen tüchtig durch,
gehe dabei nach einem Ameisenhaufen und speie das zerkaute Brot da hinein. So
lange die Ameisen an dem Brote speisen, werrden die Zahnschmerzen noch größer
sein als vorher; ist das Brot aber verzehrt, so sind auch die Schmerzen fort
und finden sich nie wieder. Auf dem Hin- und Rückwege darf man sich nicht
umsehen. F.
- Dem Stiefvater meiner
Mutter klagte einmal jemand, daß er Zahnschmerzen habe. Darauf meinte ersterer:
Ik war sei di bespräke; bäd mi nå: Mi deht de Tähn weih. Kranker: Mi uk.
Besprecher: Mi deht sei nich weih. Kranker: Mi uk nich. Schweinehund, worum
klågst du denn? versetzte der Besprecher und langte dem Leidenden eine
herunter, die nicht von schlechten Eltern war. Vom Schreck vergingen die
Zahnschmerzen. W.
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